Was ist eigentlich Simulator Sickness?
Spätestens seitdem VR-Brillen wie die Oculus Rift und die HTC Vive für Konsumenten auf den Markt gebracht wurden, sind Entwicklerstudios am Zug dieses Medium mit Inhalten zu bespielen.
Ob Games, Sport oder betriebliche VR-Anwendungen wie Schulungen oder virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen: Die Kernfrage für Entwickler ist, WIE sich ein Nutzer im virtuellen Raum bewegt. Ein durchdachtes Bewegungskonzept ist entscheidend für den Erfolg der VR-Anwendung. Denn wie oft nutzen Sie eine Anwendung, die Übelkeit und Schwindel bewirkt?
Bewegungswahrnehmung
Die Basis für gute Bewegungskonzepte bildet die natürliche Bewegung des menschlichen Körpers.
Die Wahrnehmung der äußeren und körperinneren Bedingungen zählt zu den wichtigen Komponenten der Bewegung. Bei der Aufnahme und der Verarbeitung bewegungsrelevanter Informationen sind physiologische und psychologische Wahrnehmung entscheidend:
Für die physiologischen Wahrnehmungsvorgänge sind die sensorischen Rezeptorsysteme von großer Bedeutung: Unsere Augen ermöglichen eine visuelle Wahrnehmung. Das Ohr fungiert neben dem Hörsinn auch als vestibuläres Sinnesorgan, als Gleichgewichtsorgan.
Es ist eine Art menschliche inertiale Messeinheit mit der wir Beschleunigungen und Rotationsgeschwindigkeit wahrnehmen. Zusätzlich zu Sehen, Hören und dem Gleichgewichtssinn besitzt der menschliche Körper die Fähigkeit der Eigenempfindung, Propriozeption genannt. Dazu gehören der Lagesinn, der Kraftsinn und der Bewegungssinn, sowie die Wahrnehmung der Lage einzelner Körperteile zueinander.
Die Aufgabe all dieser Sensoren ist die Übersetzung von Signalreizen in Bewegungsaktionen, die an das Gehirn gesendet werden.
Im Hirn entstehen dann, je nach individuellen Erfahrungen, spezielle psychologische Wahrnehmungen. So werden beispielsweise beim Betrachten eines Baumes tausende Blätter mit dem Auge erfasst, der Sehende nimmt jedoch nicht jedes einzelne Blatt wahr, sondern den Baum als Ganzes.
Simulator Sickness
Mit Hilfe von Head mounted displays können wir in eine virtuelle Realität eintauchen. Je nach Modell ist der User in seinen Bewegungen allerdings eingeschränkt. Mit der Oculus Rift allein sind lediglich drei sogenannte „degrees of freedom“ möglich: Die drei Rotationsbewegungen des Kopfes (siehe Abbildung).
Der Organismus entscheidet bei jeder Umgebungsveränderung, ob diese durch eigene Bewegung oder durch externe Faktoren entstanden ist und führt entsprechende stabilisierende Bewegungen aus.
Stellt man sich nun eine VR-Achterbahnfahrt vor (also Bewegung nach vorn), bei welcher der Nutzer nur auf einem Stuhl sitzt, kollidieren die sensorischen Rezeptorsysteme. Der Körper nimmt mit den Augen eine Vorwärtsbewegung wahr, die visuelle Wahrnehmung stimmt aber nicht mit der vestibulären und propriozeptischen Wahrnehmung überein. Unser Gehirn registriert einen Fehler.
Eine Hypothese, um die aufkommende Übelkeit und Schweißausbrüche zu erklären, ist die Annahme des Organismus, der Körper halluziniere. Schwitzen und Übelkeit seien Schutzreaktionen des Körpers auf eine mögliche Vergiftung. Der Körper kann sich allerdings an die Symptome gewöhnen, so nimmt die Simulation Sickness bei Menschen, die sich oft in der VR bewegen, ab.
Welche Faktoren bei der Konzeption und Implementierung von VR-Anwendugen zu beachten sind, um so wenig Übelkeit wie möglich zu verursachen, erläutere ich im nächsten Beitrag.
Referenzen
„Bewegungswissenschaft: ein Lehrbuch in 12 Lektionen“; Rainer Wollny; Aachen [u.a.], Meyer & Meyer, 2012; Seite 64
Locomotion in Virtual Reality – Keynote von Oliver Kreynos
Virtual Reality Sickness